Hamburg. Wie eitel müssen Wissenschaftler sein? Abendblatt-Chefredakteur Haider im Gespräch mit Universitäts-Präsident Lenzen.

Sind Wissenschaftler genauso eitel wie alle anderen – oder noch eitler? Warum ändern sich wissenschaftliche Erkenntnisse teilweise so schnell? Wie wird die Welt nach Corona? Und ist Homeoffice wirklich die Zukunft unserer Arbeitswelt? Das sind die Fragen, die ab diesem Donnerstag in einem neuen, gemeinsamen Podcast von Hamburger Abendblatt und Universität Hamburg geklärt werden sollen. In „Wie jetzt? Dialog mit Dieter“ sprechen Uni-Präsident Prof. Dr. Dieter Lenzen und Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider alle zwei Wochen über Themen, die die beiden Welten, Wissenschaft und Journalismus, miteinander verbinden.

„Wie funktioniert Wissenschaft eigentlich? Wie funktionieren die Medien? Und was bedeutet das eine für das andere? Darum soll es gehen“, sagt Lenzen. „Es wird viel zu besprechen geben: In der Coronakrise spielt Wissenschaft grundsätzlich und in den Medien eine neue Rolle, auf einmal schaffen es Ärzte, die bisher verborgen im Labor gearbeitet haben, auf den Titel des ,Spiegel´“, sagt Lars Haider. „Und viele Menschen interessieren sich nicht nur dafür, was Wissenschaftler zu sagen haben, sondern auch, wie sie arbeiten.“

Virologen-Dreikampf: Drosten vs. Streeck vs. Kekulé

In der ersten Folge von „Wie jetzt?“ arbeiten Lenzen und Haider unter anderem den virologischen Dreikampf zwischen Christian Drosten, Hendrik Streeck und Alexander Kekulé auf. Die drei Experten waren im Verlauf der Coronakrise mehr oder wenig heftig aneinandergeraten, hatten sich gegenseitig Schwächen bei verschiedenen Studien vorgeworfen, um Deutungshoheit und Bedeutung gerungen.

Am Ende warf Drosten Kekulé gar vor, man könne dessen wissenschaftliche Veröffentlichungen gar nicht kritisieren, weil er kaum etwas veröffentliche. Ist es das, wo nach es klingt? Gekränkte Eitelkeit? Und welche Rolle spielt Eitelkeit bei Wissenschaftlern überhaupt? Lenzen hat darauf eine klare Antwort: „Schon die Frage, ob jemand eitel ist, unterstellt, dass das etwas schlechtes wäre. Dabei ist es ein Überlebensprogramm, eitel zu sein.“

Lenzen springt für Drosten in die Bresche

Wissenschaftler müssten auf sich aufmerksam machen, sichtbar werden, um ihre Existenz zu sichern: „Ich sage gern, dass Wissenschaftler Staats-Schauspieler sind. Im Stillen etwas zu tun, was niemand zur Kenntnis nimmt, ist völlig sinnlos. Unsere Forschungsergebnisse sollen der Gesellschaft ja helfen.“

Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité.
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité. © dpa | Christophe Gateau

Christian Drosten habe seine Pflicht getan, das jeweils neue Wissen mitzuteilen, „und ich bin froh darüber, dass er sich so viel Zeit dafür genommen hat“, sagt Lenzen. „Dass das dann als Eitelkeit bewertet wird, ist egal.“ Es genüge nicht mehr, dass Wissenschaftler mit ihresgleichen kommunizieren: „Die Steuerzahler wollen wissen, was wir mit ihrem Geld tun, was wir herausfinden. Darauf muss man reagieren.“ Internationale Top-Wissenschaftler würden inzwischen daran gemessen, ob sie das, was sie erforschen, so erklären können, dass es möglichst jeder verstehen und nachvollziehen kann.